Gerterode. Claudia Gunkel hat den in der Region wohlbekannten Garantbus als Vermächtnis ihres verstorbenen Mannes an die Eichsfeldwerke übergeben.
Willi Gunkel aus Gerterode hatte einen Traum. 40 Jahre lang war er Busfahrer, brachte sicher tausende Menschen zu ihrem Urlaubsziel oder sorgte im Linienverkehr dafür, dass sie pünktlich zur Arbeit und wieder nach Hause kamen. Einmal im Leben wollte er einen eigenen Bus besitzen, aber das sollte ein Oldtimer sein – mit Schnauze. Im Jahr 2009 erfüllte er sich diesen Traum. Nämlich mit einem Garant-Bus mit insgesamt 18 Sitzplätzen, Baujahr 1954. Liebevoll nahm er den Klassiker auseinander, baute ihn von Grund auf neu auf, verpasste ihm die originale Lackierung in brillantblau und cremeweiß. Und Willi Gunkel war Eichsfelder aus Überzeugung, konnte sich nicht vorstellen, seine geliebte Heimat zu verlassen.
Also musste auch der Bus ein echter Eichsfelder werden. Und das wurde er auch. „Der Eichsfelder mit Kisten und Kasten“ leuchtet als cremeweißer Schriftzug im Retro-Stil auf dem brillantblauem Untergrund und dem Anhänger, ebenfalls passend lackiert und aufgebaut. Mit Ehefrau Claudia reiste er mit 60 PS durch die Lande, sogar das frühere „Herrchen“ des Garantbusses im Spreewald wurde besucht. Mit einem Stundenschnitt von 50 Kilometern. „Bei gerader Strecke ohne Gegenwind fährt er so zwischen 85 und 90 Stundenkilometer“, weiß Claudia Gunkel. „Aber das sollte er nicht lange durchhalten müssen.“ Liebevoll hat sie den Bus mit kleinen Gardinchen ausgestattet, innen schützt ein neuer Teppich das originale gut erhaltene Linoleum, selbst die drei bequemen Notsitze, die in Fachkreisen als die besten Plätze im Bus gelten, sind wie die Bänke original erhalten.
Der Tacho zeigt 18 000 Kilometer. Aber er ist nur fünfstellig. Niemand vermag zu sagen, ob der Bus mit seinen 63 Jahren schon 318 000 Kilometer auf dem Buckel hat oder gar noch viel mehr. Das aber ist egal. Er schnurrt mit seinem Benzinmotor wie ein Bienchen.
In den vergangenen Wochen hat sich Oliver Puff von der Eichsfeldwerke-Tochter EW Bus eingehend mit dem Garantbus vertraut gemacht. „Es ist wirklich fast so, als lernt man Autofahren neu. Das geht schon beim Zwischengas los. Hier bekommt das Wort Kraftfahrer eine ganz eigene Bedeutung“, meint er lächelnd. Er und Wigbert Stitz, Werkstattleiter bei EW Bus, haben gestern den betagten rollenden Klassiker in ihre Obhut genommen. Denn Willi Gunkel ist im April dieses Jahres überraschend, und von vielen Menschen schmerzlich vermisst, verstorben. Er war ein Oldtimerfan durch und durch. „Es ist Willis Vermächtnis, dass der ,Eichsfelder mit Kisten und Kasten‘ den Eichsfeldern erhalten bleiben soll“, sagt Claudia Gunkel leise. Sie weiß, dass sie im Sinne ihres Mannes handelte, als sie Landrat Werner Henning anrief und ihn fragte, ob es nicht möglich sei, den Bus über die Eichsfeldwerke auf der Straße, somit für die Menschen zugänglich zu lassen. Sofort stellte Henning den Kontakt zu EW-Bus-Chef Michael Raabe her.
Nun hat Claudia Gunkel die Schlüssel an Oliver Puff übergeben. Neue Kennzeichen hat der Bus schon. Er kann jetzt samt Fahrer für besondere Anlässe gemietet werden. „Hochzeiten, exklusive Rundfahrten mit Picknick im Hänger oder auch für außergewöhnliche Ereignisse“, erklärt Raabe. Nur nicht bei Umzügen. Darum hatte Claudia Gunkel gebeten, das würde die Kupplung nicht lange mitmachen. Das versprach Raabe feierlich, und auch, dass der Bus in liebevolle Hände gekommen sei und weiterhin ab und zu auf den Eichsfelder Straßen zu sehen sein wird. „Das hätte sich Willi so gewünscht“, weiß auch er.
Quelle: Thüringer Allgemeine 05.09.17